Erfreut übers Charta-Engagement: Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Cem Özdemir, beim vierten Charta-Dialog des BMEL. Foto: FNR / BMEL / photothek

Laubholz im Spannungsfeld zwischen Verfügbarkeit und Verwertung

Sascha Kleczka war zu Gast und auf der Bühne im Bundesministerium für Ernährung & Landwirtschaft in Berlin. Bei der lebhaften Debatte des 4. Charta-Dialogs des BMEL, sprachen wir gemeinsam mit Vertreter*innen aus Politik, Industrie, Forst sowie dem Naturschutz über die Kaskadennutzung des Rohstoffs Holz und der Laubholzverwertung.

„Laubholz ist ein Alleskönner“, so Cem Özdemir, Bundesminister für
Ernährung und Landwirtschaft auf der Fachveranstaltung „Natur – Nachhaltigkeit – Design“ in der BMEL-Reihe „Charta für Holz 2.0 im Dialog“. Mehr als 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer verfolgten die Vorträge und Diskussionen um das Potenzial von Laubholz für die Entwicklung zukunftsfähiger Produkte in Berlin und per Livestream. Kooperationspartner der Veranstaltung waren der Rat für Nachhaltige Entwicklung und der Rat für Formgebung.



Paneldiskussion: Moderator Johannes Büchs diskutiert mit Matthias Held, Sascha Kleczka, Marc-Oliver Pahl und Ralf Pollmeier (v. l. n. r.) Chancen und Herausforderungen stofflicher Laubholnutzung. Foto: FNR / BMEL / photothek

Paneldiskussion: Moderator Johannes Büchs diskutiert mit Matthias Held, Sascha Kleczka, Marc-Oliver Pahl und Ralf Pollmeier (v. l. n. r.) Chancen und Herausforderungen stofflicher Laubholnutzung. Foto: FNR / BMEL / photothek

„Mit Innovationsgeist und Forschung lassen sich Buche, Eiche und Co. in nachhaltige Baustoffe, in zukunftsfähige Werkstoffe und als Alternative für viele andere, bislang erdölbasierte, Produkte nutzen. Die Transformation im Sektor läuft längst, sie verlangt von allen relevanten Akteuren Engagement, Dialog und Kooperation“, unterstrich Bundesminister Cem Özdemir.

Den Beweis dafür lieferten drei Unternehmen, deren Portfolio auf der Verwendung von Laubholz basiert: Sascha Kleczka, Systemdesigngestalter im Handwerk und Möbeltischler, setzt mit seiner Kasseler Möbelmanufaktur Fuchs & Habicht GmbH auf regionales Holz, kurze Wege, klimafreundliche Produktion, reparierbare und recylingfähige Möbel.

Matthias Held stellte die Philosophie des Unternehmens UPM Biochemicals vor, das aus nachhaltig gewonnenem Buchenholz Biochemikalien als Alternative zu fossil basierten Rohstoffen herstellt. Ende 2023 wird am Chemiestandort Leuna eine Bioraffinerie ihren Dienst aufnehmen, die beispielsweise Glykole für die Herstellung bis zu 70 Mal recyclebarer Flaschen liefert oder mit holzbasierten Füllstoffen – etwa als Farbpigment für Gummi – den bislang üblichen Einsatz von Industrieruß überflüssig macht.

Ralf Pollmeier, Geschäftsführer der Pollmeier Massivholz GmbH & Co. KG – das Unternehmen produziert Buchen-Furnierschichtholz – verwies auf den jahrzehntelangen Rückgang des Inlandverbrauchs an Laubschnittholz zwischen den 1960er und den 2000er Jahren. Inzwischen seien Massivholzprodukte durch moderne Fertigungsverfahren wieder wettbewerbsfähig. Und die „Trendwende Nachhaltigkeit“ mit dem Fokus auf CO2-Bindung habe die Laubholznachfrage stark angekurbelt. Pollmeier warnte zugleich vor Engpässen in der Laubrundholzversorgung, die durch zunehmende Einschränkung der Waldbewirtschaftung entstehen.

Julia Möbus, Geschäftsführerin des Deutschen Säge- und Holzindustrieverbandes (DESH), verwies mit Blick auf den forcierten Waldumbau darauf, dass das Aufkommen von Laubholz im Wald in den kommenden 50 Jahren massiv steigen werde. Die Herausforderung für die tatsächliche Verfügbarkeit von Laubholz liege im „Faktor Zeit“.

 

Lutz Dietzold, Rat für Formgebung: Zirkularität ist der Goldstandard der Nachhaltigkeit. Foto: FNR / BMEL / photothekLutz Dietzold, Rat für Formgebung: Zirkularität ist der Goldstandard der Nachhaltigkeit. Foto: FNR / BMEL / photothek


Langlebigkeit und Kaskadennutzung von Produkten sowie Zirkularität – das Prinzip, Produkte nach Nutzungsende als Rohstoff für neue Materialien oder Produkte so lange wie möglich im Stoffkreislauf zu halten – müssen vor der energetischen Verwertung von Laubholz stehen, mahnten unter anderem Dr. Marc-Oliver Pahl, Generalsekretär des Rates für Nachhaltige Entwicklung, und Lutz Dietzold, Geschäftsführer des Rates für Formgebung, an.

Ein Umdenken der Verbraucherinnen und Verbraucher beim Konsumverhalten, das Miteinander von Biodiversität und Holzerzeugung, das Für und Wider der Holzverbrennung, der Wunsch nach Planungssicherheit bei den Waldbesitzenden und der Holzwirtschaft ergaben weiteren Diskussionsstoff auf dem Podium und im Publikum.

Dr. Manuela Rottmann, Parlamentarische Staatsekretärin im BMEL beschloss die lebhafte Debatte mit optimistischem Blick: Knappheit, sagte sie, könne ein „wahnsinniger Innovationstreiber“ sein. „Bei der nachhaltigen Verwendung von Laubholz, beim Wechsel von der Wegwerf- zur Kreislaufwirtschaft“ sieht sie deshalb „mehr Lösungen als Verzweiflung“.

Aufzeichnungen der Veranstaltung sind im Youtube Kanal "Tagungsbeiträge der FNR" abrufbar: Charta für Holz 2.0 im Dialog 2022 - YouTube.

Hintergrund:
Mit dem Aufbau klimastabiler Wälder steht künftig deutlich mehr Laubholz am Markt zur Verfügung als bisher. Das veränderte Holz-Angebot erfordert ein Umdenken bei Produzenten, Be- und Verarbeitern von Holz ebenso wie auf Verbraucherebene und in der Forschung, die an der Entwicklung attraktiver und hochwertiger nachhaltiger Holzprodukte beteiligt ist.

„Natur – Nachhaltigkeit – Design“ war die vierte Veranstaltung des BMEL in der Reihe „Charta für Holz im Dialog“. Die Charta für Holz 2.0 bildet den Rahmen für einen umfangreichen Dialogprozess, der den Einsatz von Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft als unverzichtbaren Beitrag zum Klimaschutz, zur Ressourcenschonung und zur Stärkung der ländlichen Räume thematisiert.

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